Ein Baggerfahrer ist bei Abrissarbeiten am Postplatz in Bitburg auf einen Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg gestoßen. „Ich hatte das Ding auf einmal auf der Schaufel, aber ich selbst habe das gar nicht bemerkt. Ein Kollege von mir wurde auf einmal hektisch und hat mich gewarnt“, sagt der Arbeiter. Ein Bombe. „Da ist mir mulmig geworden, als ich die auf der Schaufel gesehen habe“, sagt der Mann, der den Fund als erster erkannt hat.
Die Bombe wurde in etwa zweieinhalb Meter Tiefe mitten auf dem Postplatz gefunden, wo die Abrissfirma derzeit alle Mauerreste ausgräbt, Steine zerkleinert und den Platz neu verfüllt. Baustopp. Marcus Thiel, Garbungstechniker vom Landesmuseum Trier, das parallel zu den Abrissarbeiten das Areal auf Funde aus der Römerzeit und dem Mittelalter untersucht, stockt ebenfalls einmal kurz der Atem. „Ich habe dann sofort die Feuerwehr alarmiert“, sagt Thiel. Das war um kurz vor 12 Uhr.
Einsatzleiter Manfred Burbach trifft ein, Kreisfeuerwehrinspekteur Jürgen Larisch eilt herbei, Bauamtsleiter Heinz Reckinger, Ordnungsamt-Chef Erich Grün, Polizeichef Dietmar Braun, der Platz füllt sich mit Herren in Uniform. Krisengespräch: Wenn für eine Entschärfung des Blindgängers evakuiert werden muss, liegen nicht nur weite Teile der Innenstadt und der angrenzenden Wohnbebauung, sondern auch das Krankenhaus im Evakuierungsgebiet. „Wenn wir evakuieren müssen, wird das ein riesiger logistischer Aufwand“, sagt Bauamtsleiter Heinz Reckinger. Das Krankenhaus. „Vor dem Wochenende geht gar nichts“, schätzt Wehrleiter Burbach. Es werden Handys gezückt, telefoniert. Bomben-Alarm in Bitburg.
Entscheidend ist das, was der rheinland-pfälzische Kampfmittelräumdienst sagt. Wenige Minuten später treffen die Herren ein. „Die könnte auf jeden Fall noch detonieren“, lautet die erste Einschätzung von Heiko Pagel vom Kampfmittelräumdienst. Wie, wo und wann die Bombe entschärft wird, war zunächst noch offen. Nun muss Horst Lenz anrücken. Der Leiter des rheinland-pfalzischen Kampfmittelräumdienstes war schon oft in Bitburg vor Ort. Immer wieder werden bei Bauarbeiten in der Stadt, die im Zweiten Weltkrieg nahezu vollständig zerbombt wurde, Blindgänger gefunden. In den vergangenen 15 Jahren gab es elf Bombenfunde in der Kernstadt, die eine Evakuierung nötig gemacht haben. Nach Angaben des Kampfmittelräumdienstes handelt es sich in diesem Fall um eine amerikanische 2,5–Zentner-Bombe.
Überraschend an dem heutigen Fund: Im Herbst war das Gelände im Vorfeld der Abrissarbeiten weiträumig mit einer so genannten Rasteruntersuchung auf Blindgänger überprüft worden. Mitte November gab es Entwarnung. Und nun das. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass trotz einer weiträumigen Untersuchung bei Bauarbeiten dennoch ein Blindgänger auftaucht. Die Technik ist nicht zu 100 Prozent perfekt, da sind bei solchen Voruntersuchungen einfach durch die Physik Grenzen gesetzt“, erklärt Kampfmittelräumer Pagel.
Der Blindgänger soll am Sonntag, 10. März, um 14 Uhr entschärft werden. Dafür müssen in einem Umkreis von rund 300 Metern alle Häuser, Geschäfte sowie das Krankenhaus evakuiert werden. Wo genau geräumt werden muss, entscheidet sich bis morgen Nachmittag. Dann informiert der Krisenstab unter Leitung der Stadtverwaltung bei einer Pressekonferenz. Fest steht aber bereits jetzt: Tausende Bitburger werden evakuiert werden müssen.
„Wir prüfen jetzt, welche Straßen und Häuser genau betroffen sind“, sagt Bürgermeister Joachim Kandels. Dass der Blindgänger erst am Sonntag entschärft werden kann, hängt maßgeblich mit dem benachbarten Krankenhaus zusammen. „Die brauchen einfach einen gewissen Vorlauf, um alle Patienten zu verlegen“, sagt Polizeichef Dietmar Braun.
Der Krisenstab, in dem neben Stadtverwaltung und Polizei auch Feuerwehr, DRK, Technisches Hilfswerk, Vertreter der Krankenhausleitung und natürlich der Kampfmittelräumdienst zusammenarbeiten, tagt von nun an täglich. „Wir müssen unter anderem auch noch festlegen, wo Ausweichquartiere für Menschen geschaffen werden, die nicht zu Freunden oder Verwandten können“, sagt Kandels. Und natürlich gibt es auch sonst jede Menge zu klären. Die einzelnen Rettungsdienste stimmen ihre Aktionen aufeinander ab. Etwa wer, wann die Menschen bittet, ihre Häuser zu verlassen und ähnliches mehr.
Wie lange die Entschärfung dauern wird, ist offen. Es gab bereits Situationen in Bitburg, wo Blindgänger binnen von Minuten entschärft waren. Es gab aber auch bereits Situationen, wo eine Bombe abtransportiert werden musste, damit sich auf einem Militärgelände kontrolliert gesprengt werden kann, was dann weitere Evakuierungen ganzer Straßenzüge notwendig gemacht hat. Über die Dauer der Sprengung und damit der Evakuierung lässt sich also derzeit noch nichts sagen. „Natürlich hoffen wir alle, dass es schnell und unkompliziert geht und die Menschen am Sonntagnachmittag wieder in ihre Häuser zurück können. Aber das kann niemand im Vorfeld versprechen“, sagt Polizeichef Braun. Und dann klingelt auch schon wieder sein Handy. Bis Sonntag hat er sowie die anderen Mitstreiter im Krisenstab noch zu regeln. Immerhin: Die Bitburger haben inzwischen Erfahrung mit Evakuierungen in der Innenstadt.
Quelle: www.volksfreund.de